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Rezensionen
FASSMANN, Heinz und MÜNZ, Rainer: Einwanderungsland Österreich?
Historische Migrationsmuster, aktuelle Trends und politische Maßnahmen.
Wien. Jugend und Volk, 1995. 115 Seiten.
Brauchen wir Einwanderer? Faßmann/Münz entlarven in ihrem
neuen Buch die These "Österreich ist kein Einwanderungsland"
einerseits als frommen Wunsch und andererseits als kollektive Lebenslüge
und fragen nach den Ursachen und Konsequenzen dieses Selbstverständnisses.
Der vom Text her knapp und präzise gehaltene, mit SW-Photographien,
Karten und Tabellen sehr gut ausgestattete Band des bewährten Autorenduos
verfolgt drei Ziele:
Erstens will er klarmachen, daß die landläufige Meinung, Ein-
und Auswanderungen hätten für Österreich keine Bedeutung
gehabt, nicht der historischen Realität entspricht. Dementsprechend
spannen die Autoren einen weiten Bogen von den durch die industrielle
Revolution und Urbanisierung ausgelösten Wanderungen der ausgehenden
Monarchie ("Schmelztiegel Wien") über die österreichische
Überseewanderung (z.B. der Burgenländer in die USA oder der
Tiroler nach Brasilien) und den erzwungenen Massenexodus der Juden und
anderen vom NS-Regime Verfolgten bis hin zu den politischen Flüchtlingen
und Wirtschaftsmigranten der Nachkriegszeit (Ungarn, Tschechen und Slowaken,
Polen, "Gastarbeiter", Bosnier ...).
In diesem sehr informativen und lesenswerten Überblick wird auch
dem zweiten Ziel des Bandes Rechnung getragen, indem der gesellschaftliche,
ökonomische und kulturelle Beitrag, den die Zuwanderer für Österreicher
geleistet haben, verdeutlicht wird.
Dem dritten Anliegen der Autoren, Grundprinzipien einer vorausschauenden
Migrationspolitik darzulegen, dienen die restlichen Abschnitte des Buches,
die zunächst Strukturmale der ausländischen Wohnbevölkerung
behandeln: "Geographie", Demographie, Berufstätigkeit und
Wohnsituation. Den Szenarien "Einwanderunsstopp", "Offene
Grenzen" und "Vorausschauende Migrationspolitik" folgt
eine kritische Analyse der derzeitigen Rahmenbedingungen für Migrationspolitik
(Ausländerbeschäftigungs-, Fremden-, Asyl- und Aufenthaltsgesetz).
Im Anschluß daran argumentieren Faßmann/Münz aus demographischer
und ökonomischer Räson heraus für eine vorausschauende
Einwanderungspolitik.
Den Schlußpunkt bilden die von Ihnen erarbeiteten Grundzüge
einer vorausschauenden Migrationspolitik.
Alles in allem ein überaus gelungener Beitrag für die aktuelle
Debatte, der GeographInnen, HistorikerInnen und allen übrigen an
politischer Bildung interessierten KollegInnen als Arbeitsbehelf zu empfehlen
ist.
Reinhard Zeilinger
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